Kleidung oder Verkleidung?

Freitag, 16. Juni 2017

Kleidung oder Verkleidung?

 

Willkommen bei LOOK AT YOU!

Mein Name ist Isabella Jaburek-Nourry. Ich bin Stil- & Imageberaterin. In meinen Blog-Einträgen schreibe ich über Stil- & Image, Mode, Trends oder frage Menschen, die sich mit diesen Themen direkt oder indirekt auseinandersetzen. 

In diesem Beitrag geht es um Kleidung als Zeichensystem menschlicher Kommunikation. Ein Gespräch mit dem Schauspieler und Kabarettist Olivier Lendl aus Wien – bekannt für die Beobachtungsgabe der Spezies Mensch, seine Wortfeuerwerke und seinen Körpereinsatz auf der Bühne. 

 

 

 

Kleidung ist neben Mimik, Gestik und Sprache ein Zeichensystem menschlicher Kommunikation oder bewusst eingesetztes Ausdruckselement.  

 

 

 

 

Isabella: Was verraten Kleider und andere Maßnahmen der Körpergestaltung über ihre TrägerInnen?

Olivier: Meiner Meinung nach, ist es eine Art und Weise – bewusst oder unbewusst – einen Status anzuzeigen: arm oder reich, Businessman oder Sandler (Extremform), Punk oder nicht Punk – Lebenseinstellungen werden optisch dargestellt.

Mit Kleidung können Menschen anzeigen und ausdrücken, wer sie sind, was sie erreicht haben oder was sie gerne erreichen möchten. Das optisches Kontrastprogramm wäre  beispielsweise der Supermillionär in Jogginghose. Er zeigt damit, dass er teure Kleidung nicht mehr notwendig hat. Er hat sein Ziel bereits erreicht. Vielleicht ist es ja sogar besser, wenn er seinen Reichtum nicht all zu offen präsentiert.

 

 Glaubst du, dass Menschen erfolgreicher sein können, wenn sie die richtige Kleidung tragen?

Ja, kann ich mir durchaus vorstellen. Wenn ich einen erfolgreichen Geschäftsmann spielen muss, bewege ich mich dementsprechend auf der Bühne. Wir bekommen bei den Proben zwecks Rollen-Unterstützung eine Art Probekostüm.

Das hilft, die dafür erforderliche Körperhaltung einnehmen zu können. So kann ich mich bewusster auf die Figur konzentrieren und mich prozessartig auf die Rolle einstellen. Kleidung unterstreicht die Rollendarstellung – auf der Bühne natürlich extremer als im täglichen Leben.

 

Kleider – Eintrittskarte zu gesellschaftlichen Kreisen?

Ja, würde ich schon sagen. Nehmen wir als Beispiel den Dresscode in Künstlerkreisen. Er ist eher als Befreiung von jeglichen Dresscodes zu verstehen, denn Schauspieler, Musiker und Künstler suchen nicht nur nach darstellerischer Freiheit.  

Sie wollen sich von den normalen, arbeitenden Menschen abheben, unterscheiden. Das bedeutet, jegliche Art von Kleidervorschrift über Bord zu werfen. Die Einstellung bezüglich Kleidervorschriften zeigt das auch an: Künstlerische Freiheit auf allen Ebenen.

 

Lebenseinstellungen werden optisch dargestellt …

 

 

Du schlüpfst als Schauspieler in unterschiedlichste Rollen. Was hat im Endeffekt mehr Gewicht, der Text oder die (Ver-)Kleidung? Gibt das Kostüm der darzustellenden Figur den letzten Schliff?

Ja, eindeutig. Als Schauspieler agiere ich auch ohne Worte. Ich bekomme das passende Kostüm für die Rolle. Ich musste in einem Stück einen Taubstummen auf einem Weingut spielen. Allein das Kostüm zeigte schon an, dass ich in der Hierarchie am Weingut ganz unten stand.

Ohne Worte war klar, welche Rolle ich inne hatte. Das Kostüm unterstützt  die darzustellende Figur immens. Die Rolle ist vorgegeben und bekommt die entsprechende Kleidung. Eine Diva auf der Bühne trägt eventuell ein rotes, pompöses Kleid und Federboa. Sie erscheint auf der Bühne und das Kostüm unterstützt die gewünschte Wirkung ohne Worte. 

 

Kleidung oder Verkleidung – wo ist deiner Meinung nach der Schnittpunkt? Wann wirken Menschen verkleidet?

Ganz abgesehen von Mienenspiel und Gestik, achte ich natürlich auch auf die Bekleidung und habe diesbezüglich meine Beobachtungen gemacht.

Ein Beispiel: Frauen älteren Semesters sehen verkleidet aus, wenn die Garderobe nicht altersgerecht ist. Der Rock ist zu kurz, die Bluse zu eng, die Farben zu grell und das Make-up zu üppig. Die Kleider passen nicht zur Frau und umgekehrt. Das sieht komisch aus und wirkt auf mich wie eine Verkleidung. Das persönliche Erscheinungsbild sollte zur Person, aber auch zur Position passen.

 

Das verrückteste Kostüm, das du je getragen hast?

Federhose und ein Leiberl, wie vor hundert Jahren, inklusive Bodypainting. Ich war am ganzen Körper grau marmoriert. Für ein anderes Theaterstück wurde für mich eigens ein Anzug aus Matratzen gefertigt. Ich wurde total ausgepolstert und konnte mich kaum bewegen. Durch die mangelhafte Bewegungsfreiheit fühlte ich mich sehr alt.

 

Dein persönlicher Zugang zur Mode?

Der historische Zugang zur Mode, wie etwa die Beinkleider der Männer im Mittelalter oder die Anwendung der sogenannten Mühlsteinkrägen, interessiert mich sehr. Was du mir gerade erzählt hast, über die Mode nach der französischen Revolution, finde ich spannend. Ich persönlich bin jedoch ein totaler Mode-Muffel. Was ich für Mode halte, halten andere für eine Katastrophe.

 

Wann fühlst du dich (privat) ‚verkleidet‘?

Immer (lacht)! Das Problem an einem Mode-Muffel ist, er merkt nicht, wie er angezogen ist.

 

Du beobachtest Menschen, um anschließend die erworbenen Erkenntnisse in deine Stücke zu packen. Was war bisher deine interessanteste Beobachtung?

In einer U-Bahnstation telefonierte ein Mann im Business-Anzug lautstark. Seine Stimme und seine überzeugende Gestik wirkten dominant. Ich bin näher hingegangen und habe gesehen, dass sein Anzug schon etwas abgenutzt war. Der Saum war heruntergerissen, der Stoff wirkte alt und schäbig.

Als ich dann nochmals genauer hinsah, bemerkte ich, dass er gar kein Telefon in der Hand hatte. Er agierte so überzeugend, dass ich all diese Details auf den ersten Blick nicht erkannte.

 

Ihr arbeitet und probt aktuell für euer neues Stück  HEISS / Eine Saunarette.  Premiere ist am 18. Juni in Laxenburg in der Franzensburg. Laut Titel braucht dieses Stück nicht viel Kostüm? Möchtest du vorab schon was verraten?

Oh nein, ich darf nichts verraten. Einfach Tickets kaufen und den Abend genießen.

 

Vielen Dank für das Gespräch an   Olivier Lendl  

Isabella Jaburek-Nourry

Ihr Image- & Styleguide 

Titelbild: www.shutterstock.com 

 


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